Wie Gefährlich Sind Haarglättungsmittel (und Formaldehyd)?
Und in welchen Produkten des täglichen Gebrauchs befindet sich Formaldehyd?
Dieser Artikel wurde von der zertifizierten Kosmetikexpertin Laura Winter zuletzt am 16. Juni 2021 überprüft und aktualisiert.
In diesem Artikel
In einer Studie hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Haarglättungsmittel genauer ins Visier genommen und rät vom Gebrauch derselben ab. Der Grund ist ebenso simpel wie einleuchtend, denn zahlreiche Haarglättungsmittel weisen teilweise sehr hohe Konzentrationen an Formaldehyd auf.
Im Folgenden werden sowohl die Studie als auch die in Zuge der Studie gewonnen Erkenntnisse genauer vorgestellt. Um Sie mit dem nötigen Hintergrundwissen zu versorgen, wird zudem erklärt, was Formaldehyd überhaupt ist, welche Gefahren von der Substanz ausgehen und welche Rolle dem Bundesinstitut für Risikobewertung überhaupt zukommt.
Bei dem Bundesinstitut für Risikobewertung, kurz BfR, handelt es sich um eine wissenschaftliche Institution, die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) liegt.
Das BfR berät sowohl die Bundesregierung als auch die Bundesländer in Bezug auf Fragen der Produkt-, Chemikalien- und Lebensmittelsicherheit. Dabei werden vom BfR eigene Forschungen zu Themen betrieben, die in einer engen Relation zu etwaigen Bewertungsaufgaben des Instituts bestehen.
Haarglättungsmittel – Was ist das eigentlich?
In der Regel werden Haarglättungsmittel verwendet, um krauses oder lockiges Haar zu glätten und nicht nur glänzende, sondern auch schön fallende Wellen oder aber richtig glattes Haar zu kreieren.
Für lockige Haare, die sich nicht mithilfe von Glätteisen in eine seidig glänzende und glatte Haarpracht verwandeln lassen, hat der Markt sogenannte Haarglättungsmittel zu bieten. Diese Produkte enthalten Chemikalien, dank derer die im Cortex des Haares vorhandenen Disulfid-Bindungen aufgebrochen werden. Im Anschluss daran werden die Bindungen glattgezogen und schließlich „wiederhergestellt“. Die Cortexschicht der Haare befindet sich unter der sogenannten Schuppenschicht und besteht vorrangig aus Faserbündeln, die aus Proteinen bestehen. Exakt an diesen setzen chemische Haarglättungsmittel an. Im Allgemeinen finden sich in derartigen Kosmetika Chemikalien wie Natriumthioglykolat, Ammoniumthioglykolat und Natriumhydroxid.
Je krauser das zu glättende Haar desto stärker muss die Kombination der Chemikalien sein, um den Cortex der Haare aufzubrechen und ihre Struktur zu verändern.
Zur Glättung von sehr lockigem Haar ist demnach eine starke Chemikalienmischung erforderlich, denn sie muss den Cortex aufbrechen und die Struktur des Haars verändern. Aufgrund der Tatsache, dass die Chemikalienmischung in der Lage sein muss, die zum Schutz des Cortex dienende Schuppenschicht zu durchdringen, können Sie nicht nur davon ausgehen, dass es sich um eine Mischung mit starker Wirkung, sondern auch um eine Chemikalienmischung, die diverse Nebenwirkungen mit sich bringt, handelt. Häufige Nebenwirkungen sind ein Austrocknen der Haare, Haarbruch sowie sprödes Haar oder Haarausfall.
Anzumerken ist zudem, dass durch die drei genannten Hauptbestandteile derartiger Produkte die Haut gereizt und Irritationen der Kopfhaut hervorgerufen werden können. Typische Symptome sind Juckreiz und Brennen, Hautrötungen sowie eine vorübergehende Hautaufhellung. Im schlimmsten Fall kommt es zu Verätzungen der Kopfhaut. Haarglättungsmittel müssen aus den genannten Gründen stets sehr sorgfältig angewendet werden. Problematisch gestaltet sich zudem, dass Haarglättungsmittel teilweise auch Formaldehyd enthalten. Alles Wissenswerte rund um Haarglättungsmittel, die diese Substanz enthalten, erfahren Sie im weiteren Verlauf dieses Artikels.
Möchten Sie Haarglättungsmittel trotz aller Risiken und Gefahren für Ihre Kopfhaut und Ihre Haare anwenden, sollten Sie spezifische Aspekte beachten:
- Lesen Sie die Anweisungen des Herstellers aufmerksam und folgen Sie ihnen.
- Tragen Sie ein Haarglättungsmittel nur dann auf, wenn Sie über eine gesunde Kopfhaut verfügen. Sollten Sie Probleme mit Ihrer Kopfhaut haben wie beispielsweise Schuppen oder Trockenheit, sollten Sie diese vor der Anwendung eines Haarglättungsmittels lösen.
- Tragen Sie ein Haarglättungsmittel unter keinen Umständen auf frisch gewaschenem Haar auf, denn die Kopfhaut wird durch natürliche Fette vor etwaigen Schäden durch Chemikalien geschützt.
- Sollten Sie bereits über geglättete Haarbereiche verfügen, glätten Sie diese keinesfalls noch einmal! Vermeiden Sie diesbezüglich eine Überlappung!
- Versuchen Sie durch das Auftragen einer Schutzschicht den direkten Kontakt zwischen Kopfhaut und Haarglättungsmittel zu minimieren, so dass eine Barriere zwischen Chemikalien und Haut entsteht.
- Nach der Anwendung von Haarglättungsmitteln sollten Sie Ihre Haare gründlich mit einem Feuchtigkeitsshampoo waschen und ggf. eine Feuchtigkeitshaarkur anwenden, so dass Ihre Haare kräftig und gesund bleiben und auch weitern schön aussehen.
Formaldehyd – Was ist das eigentlich?
Formaldehyd, das unter anderem auch als Methanal bezeichnet wird, ist ein Gas, das der Gesundheit schadet. Obschon hinlänglich bekannt ist, dass Formaldehyd der Gesundheit schadet, findet es sich als Inhaltsstoff in einer Vielzahl von Produkten – so auch in Haarglättungsmitteln. Die Substanz weist einen stechenden Geruch auf und ist farblos.
Entdeckt wurde Formaldehyd im Jahr 1855 von dem russischen Chemiker Alexander Michailowitsch Butlerow, zum ersten Mal künstlich erzeugt wurde es lediglich 12 Jahre später, nämlich 1867, von dem deutschen Chemiker August Wilhelm von Hofmann. Seitdem sind differente, historische dokumentierte Unfälle mit Formaldehyd passiert, welche im schlimmsten Fall mit dem Tod der Verunglückten endeten (Link zur Geschichte des Formaldehyd: www.bfr.bund.de/cm/343/formaldehyd_die_geschichte_einer_chemikalie.pdf)
Wie durch die Bezeichnung „Formaldehyd“ bereits suggeriert wird, handelt es sich um eine Substanz, die der Gruppe der Aldehyde zugeordnet wird, d.h., es ist eine organische Sauerstoffverbindung. Die Vorsilbe „Form“ ist vom lateinischen Begriff „formica“ abgeleitet und kann mit dem deutschen Wort „Ameise“ übersetzt werden. Durch die Bezeichnung wird entsprechend darauf hingewiesen, dass im Zuge der Oxidation Methanal zu Ameisensäure wird. Neben den Bezeichnungen Formaldehyd, Methanal und Ameisensäurealdehyd ist die Substanz auch unter den Bezeichnungen Ameisenaldehyd, Methylaldehyd sowie Oxomethan, Formol bzw. Formalin und Formylhydrat bekannt.
Weil der Siedepunkt von Formaldehyd bei -19 °C liegt, ist der Stoff in der Regel in einem gasförmigen Aggregatzustand vorzufinden. In einem festen Aggregatzustand ist Formaldehyd – zumindest unter natürlichen Bedingungen überhaupt nicht vorzufinden – denn der Schmelzpunkt beträgt -117 °C.
Formaldehyd – Welche Gefahren gehen von der Substanz aus bzw. wie giftig ist sie?
Möchte man die Frage, wie giftig Formaldehyd tatsächlich ist, kurz und knapp beantworten, dann kann man sagen: Der Stoff ist sehr giftig! Die folgenden Erklärungen verdeutlichen dies noch einmal:
Wird von Giftstoffen wie Formaldehyd sowie deren Konzentrationen bzw. Mengen gesprochen, werden selbige in „parts per million“ kurz „ppm“ angegeben. Dabei entspricht 1 ppm etwa 1,2 Milligramm pro Kubikmeter. Interessant ist allerdings, dass der säuerlich-stechende Geruch von Formaldehyd bereits ab Mengen von 0,125 bis 0,5 ppm wahrgenommen werden kann. Noch interessanter wird es, wenn man sich bewusst macht, dass bereits bei einer Stoffkonzentration von 0,01 ppm Augenreizungen hervorgerufen werden können. In dieser Konzentration kann Formaldehyd noch nicht einmal gerochen werden. Ab einer Menge von 0,08 ppm können zudem Nasenreizungen und ab 0,5 ppm Kehlreizungen eintreten.
Wirklich besorgniserregend, da gesundheitsbelastend, sind Mengen ab etwa 2 ppm bis 3 ppm, denn dann können sowohl im Rachen- als auch im Nasen- und Mundbereich stechende Schmerzen einsetzen. Personen, die einer Konzentration von 4 ppm bis 5 ppm ausgesetzt sind, weisen in der Regel nach maximal 30 Minuten enorme gesundheitliche Beschwerden auf, wobei ein Tränenfluss einsetzt. Weist die Raumluft eine Menge von 10 ppm bis 20 ppm Formaldehyd auf, setzt der Tränenfluss sofort ein, zusätzliche Symptome sind ein starkes Brennen im Nasen- und Halsbereich sowie Husten und Atemnot. Lebensgefahr besteht letztlich ab einer Menge von 30 ppm und mehr, denn die Bildung von toxischen Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge, d.h. also hochgiftiger Lungenödeme, setzt ein.
Laut der Verordnung 1272/2008 (CLP-V) der Europäischen Union, welche im Jahr 2014 abermals geändert wurde, handelt es sich bei Formaldehyd einerseits offiziell um eine Substanz, die Carcinogen 1B, d.h. wahrscheinlich krebserregend, ist und die andererseits Mutagen 2, d.h. erbgutverändernd, sein kann.
Dass Formaldehyd eine krebserregende Wirkung aufweist, konnte in den USA bereits durch Tierversuche verifiziert werden. Zudem haben Wissenschaftler aus der Beobachtung von Personen, die dem Stoff regelmäßig ausgesetzt sind, geschlossen, dass durch das Einatmen von Formaldehyd das Entstehen von Krebs im Hals- und Mundbereich mit großer Wahrscheinlichkeit begünstigt wird.
Studien haben zudem gezeigt, dass Personen, die regelmäßig in Kontakt mit der Substanz kommen, häufiger von chronischen Erkrankungen der Bronchien betroffen sind und auch häufiger unter Allergien leiden. Dies vor allem auch dann, wenn die betreffenden Personen lediglich niedrigeren Dosen von Formaldehyd ausgesetzt waren. Des Weiteren sind häufig allergische Reaktionen der Haut – und zwar in Form von Ekzemen an den Armen und den Händen – sowie Irritationen der Augen und der Nase die Folge.
In welchen Produkten des täglichen Gebrauchs findet sich Formaldehyd?
Formaldehyd findet sich sowohl im menschlichen Körper als auch in der Natur. Daneben ist die Substanz allerdings auch in der Kleidung, in Küchenutensilien und Geschirr sowie in Holzspielzeug und Kosmetika wie beispielsweise Nagelhärtern und Haarglättungsmitteln enthalten. Die Kosmetikprodukte, die Formaldehyd enthalten können – insbesondere natürlich Haarglättungsmittel als Alternative zum Glätteisen – betrachten wir im Folgenden etwas genauer.
Fakt ist, dass Formaldehyd in differenten Kosmetikprodukten enthalten ist. Aufgrund der Tatsache, dass in der Regel Alternativprodukte ohne Formaldehyd erhältlich sind, raten wird dringend dazu, Produkte zu kaufen, die kein Formaldehyd enthalten!
In Bezug auf Kosmetika und die Kennzeichnungspflicht des Inhaltsstoffes Formaldehyd ist zudem anzumerken, dass bei einem Gehalt von 0,1 Prozent der Wirkstoff nicht genannt werden muss. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn Formaldehyd als Konservierungsmittel verwendet wird. Um herauszufinden, ob das von Ihnen genutzte Kosmetikprodukt tatsächlich Formaldehyd aufweist, müssen Sie es im Labor eingehend analysieren lassen.
Anzumerken ist darüber hinaus, dass die Zugabe von Formaldehyd in Kosmetikprodukten bereits seit dem 1. Januar 2016 verboten ist, denn der Stoff gilt seitdem offiziell als ein Gefahrenstoff. Anders verhält sich dies jedoch für sogenannte Formaldehydabspalter – und zwar obwohl durch diese Formaldehyd freigesetzt werden kann.
Problematisch gestaltet sich, dass die Einhaltung dieser Verordnung nicht strikt durchgesetzt wird. Dies wird beispielsweise daran deutlich, dass Sie in Drogeriemärkten zahlreiche Kosmetikprodukte finden, die laut Packungsbeilage Formaldehyd enthalten.
Formaldehyd in Nagelhärtern
Aufgrund der Tatsache, dass Formaldehyd eine härtende Eigenschaft aufweist, ist der Stoff nahezu prädestiniert dazu, in Nagelhärtern verwendet zu werden. Problematisch ist natürlich, dass es sich um eine hochgiftige Substanz handelt, welche nicht alleinig im Nagelhärter verbleibt, sondern ausdunsten und auf diese Weise über die Atemwege in Ihren Körper gelangen kann.
Problematisch ist darüber hinaus, dass Nahrungsmittel, die mit dem Nagelhärter in Berührung kommen – was zum Beispiel beim Zubereiten von Essen der Fall ist – direkt in die Nahrungsmittel übergehen können.
Formaldehyd in Haarglättungsmitteln
In der Europäischen Union sind Haarglättungsmittel, die Formaldehyd aufweisen, grundsätzlich nicht zugelassen. Hierdurch wird jedoch nicht verhindert, dass Friseure und Privatpersonen Haarglättungsmittel, die Formaldehyd enthalten, aus dem Ausland beziehen. Wie bereits erläutert weist die Substanz vor allem bei Kontakt mit der Haut ein hohes Allergiepotenzial auf.
Kommen formaldehydhaltige Haarglättungsmittel zudem in Kombination mit einem Glätteisen zum Einsatz werden sogenannte Formaldehydgase freigesetzt, die enorm gesundheitsschädlich sind. Aus diesem Grund rät das Bundesinstitut für Risikobewertung sowohl von der Einfuhr als auch der Verwendung von Haarglättungsmitteln, die Formaldehyd enthalten, dringend ab.
In einer Stellungnahme des Instituts aus dem Jahr 2010 wird zudem darauf hingewiesen, dass Privatpersonen auch beim Besuch eines Friseurs darauf achten sollten, dass die zum Einsatz kommenden Haarglättungsmittel kein Formaldehyd enthalten, denn von etwaigen Schäden durch den Giftstoff können sowohl der Friseur als auch die jeweilige Privatperson betroffen sein.
Exemplarisch kann diesbezüglich angeführt werden, dass ein 24 Quadratmeter großer Raum bei der Anwendung formaldehydhaltiger Haarglättungsmittel eine Konzentration von 5 ppm aufweist. Hierbei handelt es sich lauf Bundesinstitut für Risikobewertung um die fünfzigfache Menge der tolerierbaren Luftkonzentration, welche bei 0,1 ppm liegt. Noch drastischer bewertet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diesen Wert, denn laut WHO liegt die maximale Tolerierbare Menge bei 0,08 ppm.
Die BfR Studie in der Zusammenfassung:
Die BfR Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Haarglättungsmittel benutzt werden, um Haare zu glätten, dass in seiner Struktur von kraus bis lockig reichen kann. Dabei werden die Haarglättungsmittel nach Herstellerempfehlung aufgetragen und wirken dann etwa 30 Minuten in das Haar ein. Im Anschluss kommt ein Glätteisen zum Einsatz, um das Haar zu strecken und dauerhaft zu glätten.
Im Rahmen einer Untersuchung der Überwachungsbehörden der Bundesländer wurden aus innovativen Haarglättungsmitteln mehrere Proben entnommen. Im Zuge der Analyse der Inhaltsstoffe verschiedener Produkte ergab sich, dass in verschiedenen Produkten freier Formaldehyd enthalten ist. Die Konzentration des Stoffes betrug zwischen 1,7 und 1,8 Prozent.
Dabei hat das BfR das Risiko für die Gesundheit, das von Haarglättungsmitteln ausgeht, die Formaldehyd enthalten, bewertet. Das Ergebnis deckt sich mit den oben beschriebenen Symptomen und Nebenwirkungen. So wirkt die Substanz sowohl auf die Schleimhäute als auch die Haut und die Augen stark reizend. Zudem inhäriert Formaldehyd ein hohe allergenes Potenzial, dass vom BfR für den Menschen als krebserzeugend eingestuft wurde. Werden die Haare mithilfe von Haarglättungsmitteln, die Formaldehyd enthalten, sowie Glätteisen geglättet, werden Dämpfe der Substanz freigesetzt. Diese kann sowohl von Friseuren als auch den Personen, deren Haare geglättet werden, eingeatmet werden, was wiederum zu Reizungen der Augen, Haut, Schleimheute und Atemwege führen kann.
Im Ergebnis kommt das BfR zu der Ansicht, dass formaldehydenthaltende Haarglättungsmittel (mit Konzentrationen, die zwischen 1,7 und 1,8 Prozent liegen) bei allen Anwendern, d.h. Friseuren, deren Kunden sowie Privatanwendern) gesundheitliche Schäden hervorrufen können.
De facto ist Formaldehyd in der Europäischen Union als Inhaltsstoff von Haarglättungsmitteln verboten. Allerdings nehmen die Überwachungsbehörden der Länder an, dass ein Import der Produkte, die Formaldehyd in der genannten Menge enthalten, aus dem Ausland erfolgt. Dabei können die Haarglättungsprodukte, die in Verbindung mit einem Glätteisen zu einem langfristigen Glättungseffekt führen sollen, auch über das Internet bestellt werden.
Grundsätzlich besteht von BfR die Empfehlung, derartige Produkte nicht anzuwenden respektive zu meiden. Zudem sollten die Bundesländer adäquate Verbraucherschutzmaßnahmen diesbezüglich einleiten.
Die BfR Studie im Detail
Gegenstand der Bewertung
Im Zuge der Analyse verschiedener Proben von Haarglättungsmitteln, die vom Chemischen- und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe (CVUA) durchgeführt wurde, könnte freier Formaldehyd in den Produkten nachgewiesen werden. Der Formaldehyd-Gehalt betrug zwischen 1,7 und 1,8 Prozent.
Der Zusatz von Formaldehyd ist in einer Konzentration, die maximal 5 Prozent in Nagelhärtern, maximal 0,2 Prozent ungebundenen Formaldehyds in kosmetischen Mitteln sowie maximal 0,1 Prozent in Mitteln zur Mundpflege betragen darf zugelassen. Laut Kosmetikverordnung (Paragraph 2, Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 6 lfd. Nr. 5) gilt zudem, dass ein Formaldehyd-Gehalt ab 0,05 Prozent auf dem jeweiligen Kosmetikprodukt ausgewiesen werden muss.
Ergebnis
Folgt man dem BfR weiter, kann Formaldehyd als ein humanes Kanzerogen klassifiziert werden. Dies gilt für den Nasen-Rachen-Raum vorrangig dann, wenn es zur Inhalation des Stoffes kommt. (https://www.gdch.de/fileadmin/downloads/Netzwerk_und_Strukturen/Fachgruppen/OeffDie/2015_formaldehyd.pdf)
Folgt man zudem den Ergebnissen einer neueren Studie, die epidemiologische Daten einer Studie aufweist, deren Probanden chinesische Arbeiter waren, ist Formaldehyd ein Stoff, der myeloische Leukämie verursachen kann. (https://www.bfr.bund.de/cm/343/toxikologische_bewertung_von_formaldehyd.pdf)
Unter Rückgriff auf die Giftigkeit, d.h. Toxizität von Formaldehyd, welche auf der Grundlage von Daten hinsichtlich der Reizung der oberen Atemwege bei Menschen und von Daten in Bezug auf die Zellproliferation bei Tieren ermittelt wurde, legte man eine maximale Konzentration des Stoffes in der Atemluft von 0,1 pp fest.
De facto handelt es sich bei Formaldehyd nicht nur um einen Stoff, der hohes Sensibilisierungspotential aufweist, sondern auch um ein starkes Kontaktallergen, das sowohl eine allergische Kontaktdermatitis als auch einen anaphylaktischen Schock hervorrufen kann.
Betrachtet man nun die in Haarglättungsmitteln gefundenen Konzentrationen von Formaldehyd zwischen 1,7 und 1,8 Prozent, kann festgehalten werden, dass diese gesundheitsschädigend sind. Zu diesem Schluss kommt auch die BfR, denn die Behörden fordern entsprechende Schutzmaßnahmen für die Verbraucher.
Begründung – Risikobewertung
Die folgenden Ausführungen basieren laut BfR auf aktueller Literatur, die durch die Recherche in den folgenden Datenbanken gefunden wurde:
- Pubmed (Link: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/)
- Chemici
- Litdoc ( Link: https://litdoc.com.cutestat.com/)
- ScienceDirect (Link: https://www.sciencedirect.com/)
- Scopus (Link: https://www.scopus.com/home.uri)
- NTP (Link: https://ntp.niehs.nih.gov/)
- ISI/Web of Science
- DIMDIs (Link: https://dimdi.de/static/en/db/index.htm)
Mögliche Gefahrenquelle Formaldehyd
In zahlreichen Mitteln zur Haarglättung ist Formaldehyd enthalten. Die jeweiligen Produkte werden auf die Haare aufgetragen und nach einer Einwirkzeit von etwa 30 Minuten werden überschüssige Produktreste mithilfe einer Haarbürste entfernt. Im Anschluss erfolgt der eigentliche Prozess der Glättung, denn unter Zuhilfenahme eines 230 °C heißen Glätteisens wird die Glättungsbehandlung vorgenommen. Im Zuge dieser Haarglättung dient der Stoff Formaldehyd dazu, eine Neuvernetzung der Keratine, die durch die Hitze gebrochen wurden, vorzunehmen. Im Zuge des beschriebenen Prozesses wird Formaldehyd in Gasform einerseits inhaliert und andererseits durch den Kontakt des gasförmigen Stoffes mit Augen, Schleimhäuten und der Haut selbst auch eine dermale Exposition.
Gefährdungspotenzial durch Formaldehyd
Unter/ mit dem Begriff „Kanzerogenität“ bzw. „kanzerogen“ wird im Allgemeinen eine Substanz verstanden bzw. ein Stoff bezeichnet, der krebserregend ist und zur Entstehung bösartiger, d.h. maligner Tumoren beiträgt.
Dabei weisen kanzerogene Substanzen in der Regel eine genotoxische Wirkung auf die DANN auf und bedingen dementsprechend Genmutation. Im Allgemeinen mutieren durch kanzerogene Stoffe diejenigen Gene, die den Zellzyklus regulieren, ipso facto führen kanzerogene Stoffe zu einer Zellentartung.
In Bezug auf Kanzerogene wird zwischen physikalischen, biologischen und chemischen Substanzen differenziert.
Formaldehyd wurde von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) für den Menschen als krebserzeugend (Kategorie 1) eingestuft. Im BfR wurde Formaldehyd in Bezug auf den Trakt der oberen Atemwege als Kanzerogen bewertet. Hinzu kommt, dass neure Forschungsergebnisse davon ausgehen, dass Formaldehyd auch zum Entstehen myeloischer Leukämie betragen kann. Aus diesem Grund wurde von US-amerikanischen Institutionen (d.h. US National Toxicology Program Scientific Advisory Committee) die Empfehlung ausgesprochen, Formaldehyd zudem als ein Leukämogen, d.h. Leukämie auslösend, zu klassifizieren und zu registrieren.
Irritation, Sensibilisierung & Anaphylaxie
Grundsätzlich weist Formaldehyd für die Schleimhäute, Haut und Augen eine stark reizende Wirkung auf. Im Zuge von Studien an Menschen und Tieren wurde zudem nachgewiesen, dass der Stoff ein mittelstarkes bis starkes allergenes Potenzial aufweist.
Während in Europa seit geraumer Zeit eine Frequenz der allergischen Reaktionen von 2 bis 3 Prozent besteht, variiert die Schwelle zur Auslösung einer Allergie dann erheblich, wenn eine Sensibilisierung durchgeführt wurde. Reaktionen können bei empfindlichen Menschen bereits ab einer Menge von 30 ppm, was etwa einer Konzentration freien Formaldehyds von 0,00e Prozent entspricht, ausgelöst werden.
Sowohl in den USA als auch in Europa gelten die folgenden Grenzwerte für Formaldehyd: 0,2 Prozent für kosmetische Produkte, wobei ein Hinweis der Form „enthält Formaldehyd“ für formaldehydhaltige Produkte ab 0,05 Prozent vorgeschrieben ist.
Im Allgemeinen können durch Formaldehyd zwei differente Immunreaktionen hervorgerufen werden:
- allergische Kontaktdermatitis
- Kontakturtikaria
Bei Kontakturtikaria handelt es sich um die früheste beschriebene Form der Urtikaria, wobei sie bereits bei Hippokrates erwähnt wird. Der antike Mediziner beschreibt den kausalen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Pusteln und Quaddeln der Haut und dem Kontakt mit Brennnesseln.
Exposition
Das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe hat angegeben, dass laut Schätzungen in einem 24 Quadratmeter großen Raum bei bestimmungsmäßiger Anwendung eines Haarglättungsmittels in Bezug auf das Luftvolumen eine Formaldehydkonzentration von etwa 5 ppm erreicht wird. Zudem wurde von der Behörde angemerkt, dass lokal deutlich höhere Konzentrationen auftreten können.
Bereits im Jahr 2006 hat das BfR einen Bericht erstellt, in dem die Kanzerogenität von Formaldehyd bewertet wird. Der Stoff wurde als ein genotoxisches Kanzerogen klassifiziert, wobei der Nasen- Rachen-Raum betroffen ist und das Formaldehyd über die Atemluft inhaliert wird. Dabei besteht die Wirkung des Stoffes vorrangig im Zuge des ersten Kontaktes und zwar auf die Epithelien des genannten Bereiches sowie auf die Haut. Von Belang ist diesbezüglich jedoch nicht die jeweilige Formaldehyd-Dosis, sondern vielmehr die lokale Luftkonzentration des Stoffes. De facto handelt es sich um einen Stoff, der hochreaktiv ist und schnell local metabolisiert.
Aufgrund der Untersuchungen wurde durch das BfR für die Formaldehyd-Wirkung ein sogenannter sicherer Schwellenwert abgeleitet, der 0,1 ppm beträgt, wobei zur Ableitung dieses Wertes drei differente Vorgehensweisen angewendet wurde. Bei diesen handelt es sich um:
- humane Studien
- Studien an Tieren
- ein rechnerisches Modell
De facto wurden folgende Werte festgeschrieben: Die Maximale-Arbeitsplatz-Konzentration des Stoffes beträgt 0,3 ppm.
Risikocharakterisierung in Bezug auf Haarglättungsmittel
Folgt man der BfR ist die Anwendung von Haarglättungsmitteln, die eine Konzentration zwischen 1,7 und 1,8 Prozent freien Formaldehyds enthalten sowohl nach Gefährdungspotenzial als auch nach Exposition dazu geeignet ein Risiko für die Gesundheit darzustellen. Grundsätzlich muss angenommen werden, dass es sich bei Formaldehyd um eine kanzerogene Substanz handelt, die ein hohes Sensibilisierungspotenzial aufweist und Allergien bis hin zu anaphylaktischen Reaktionen verursachen kann.
De facto ist die Konzentration von Formaldehyd, die in Haarglättungsmitteln enthalten ist, dazu prädestiniert, die Gesundheit zu schädigen. Ergo stellt die Substanz ein ernstes Risiko dar.
Fazit: BfR rät Friseuren, Privatpersonen und Verbrauchern von einem Gebrauch formaldehydhaltiger Haarglättungsmittel ab
Das BfR, ansässig in Berlin, rät sowohl Friseuren als auch Privatpersonen und anderen Verbrauchern davon ab, Haarglättungsmittel, die Formaldehyd enthalten, zu gebrauchen. Grundsätzlich sind in Haarglättungsmitteln mitunter hohe Konzentrationen des gesundheitsschädigenden Stoffes enthalten. Im Zuge von Untersuchungen der Überwachungsbehörden das Landes Baden-Württemberg sind vor allem Haarglättungsmittel aufgefallen, die Konzentrationen zwischen 1,7 und 1,8 Prozent freien Formaldehyds aufwiesen. Der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung, Professor Andreas Hensel merkt diesbezüglich an, dass eine Gesundheitsschädigung durch die Anwendung von Haarglättungsmitteln mit derartigen Konzentrationen nicht auszuschließen ist. Dabei wirke, so der Wissenschaftler weiter, Formaldehyd nicht nur auf die Schleimhäute und die Haut, sondern auch auf die Augen stark reizend. Zudem sei der Stoff ein Auslöser von Allergien und ein Karzinogen, d.h. krebserregend.
Obschon Formaldehyd in der Europäischen Union als Inhaltsstoff von Haarglättungsmitteln nicht zugelassen ist, können Friseure und Verbraucher entsprechende Produkte entweder über das Internet oder aber einen direkten Import aus dem Ausland beziehen und – möglicherweise ohne ihr Wissen – ihre Gesundheit schädigen. Diese Schäden können folgender Natur sein:
- Krebs im Nasen-Rachen-Raum
- möglicherweise myeloische Leukämie
- allergische Reaktionen inklusive anaphylaktischer Schocks
- stark reizend auf Schleimhäute, Haut und Augen
Aus den genannten Gründen wurde vom Bundesinstitut für Risikoforschung ein sicherer Schwellenwert in der Innenraumluft für Formaldehyd von 0,1 ppm festgelegt.
Aufgrund seiner gesundheitsschädigenden Wirkung sind Haarglättungsmittel, die Formaldehyd enthalten, nicht empfehlenswert. Das Bundesinstitut für Risikoforschung empfiehlt den jeweils zuständigen Institutionen der einzelnen Bundesländer deshalb, spezifische Maßnahmen einzuleiten.
Vom privaten Gebrauch derartiger Haarglättungsmittel wird vom BfR zudem dringend abgeraten!